Huflattich und der Tee daraus

In den Februarferien wie in fast jeder Ferienzeit, zog es mich, als ich Kind war, zu meinen Großeltern.
1956 hatten sie sich, mit den damals knapp vorhandenen Mitteln, einen Traum erfüllt und ein kleines Haus gebaut. Besser – eine Doppelhaushälfte. So konnte zusätzlich gespart werden.
Heute wohnen der Gärtnergatte und ich darin.
Wahrscheinlich sind es meine Kindheitserinnerungen, die mir jeden Nachmittag im Garten zu einem Urlaubstag werden lassen.
War ich im Februar zu Gast, waren die Unterhaltungsmöglichkeiten dem Wetter entsprechend.
In manchen Jahren war rodeln möglich, oder wir spielten auf der zugefrorenen Eisfläche eines flachen Tümpels Eishockey. Wenn ich einbrach – und das dies passierte, dafür sorgten die Jungs mit denen ich unterwegs war schon, wollten sie mich als einziges Mädchen doch schnell loswerden – waren es nur ein paar Meter heim.
Dann gab es ein heißes Fußbad – niemand richtete damals wegen solcher Lapalien ein Vollbad, für das erst der Badeofen beheizt werden musste – und die Welt war wieder in Ordnung.
Manchmal waren die Tage aber auch schon von greller, hell strahlender Wintersonne erfüllt, die den Schnee hatte tauen lassen und alles in Vorfrühlingstaumel versetzte.
Hinter dem Garten meiner Großeltern ging es über einen steilen, kurzen Abgang – auf dem im noch fernen Sommer Margariten blühen würden – auf die Auwiese des angrenzenden Waldes. Ein klar dahin murmelnder Bach trennte die Wiese vom Wald.
Dort habe ich herrliche Zeiten verbracht. Im flachen Wasser des Baches lagen rundgeschliffene Steine, die ich so anordnete, das ich (fast) trockenen Fußes das andere Ufer erreichen konnte. Dämme haben wir gebaut und hatten die größte Freude daran.
In meinen Februarstreifzügen war es dafür noch zu kalt.
Anderes gab es zu tun.
Auf der großen Wiese war der Bau eines Freibades vorgesehen, der später auch erfolgte.
Das es nur zur Fertigstellung des Nichtschwimmerbeckens kam, tat unserer Freude keinen Abbruch. Glückliche Zeiten habe ich und später meine Kinder in der „Pfütze“ wie wir das Freibad, mit dem nie fertiggestellten Freischwimmerbecken liebevoll genannt haben, verbracht.
Heute ist es aus wirtschaftlichen Gründen wieder eingeebnet worden.
Aber zurück zu meinen Ausflügen.
Für meinen Großvater sollte ich (und natürlich tat ich, was er mir auftrug) von den für die Fußwege des Freibads schon gelagerten Steinen von jedem meiner Streifzüge zwei Steine mitbringen. Das wäre ja dann für mich ein Leichtes und in dieser geringen Menge auch kein Diebstahl.
Dazu muss ich sagen, dass es in den 70er Jahren in der DDR eine Schwierigkeit darstellte, solche Steine einfach zu kaufen.
Gesagt getan. Immer brachte ich zwei Steine mit und so kommt es, dass ich heute, obwohl das kleine Bad schon lange nicht mehr existiert, noch immer auf den Steinen seiner Gehwege laufen kann. In meinem Garten nämlich. Von mir transportiert, vom Großvater verlegt.
Meine Großmutter hatte eine andere Bitte.
Ihr sollte ich die ersten, gelben, der Sonne entgegenblühenden Köpfchen vom Huflattich pflücken.

Und so sammelte ich meine Taschen voller Blüten, die zwischen den Steinen hervorlugten und brachte meiner geliebten Großmutter voller Stolz die so wunderbar aromatisch riechenden Heilpflanzen nach Hause.

Angesetzt mit Honig vom Nachbarn der Imker war oder auch getrocknet als Tee ergab das ein heilsames Mittel gegen Husten.
Heute habe ich, der schönen Blätter wegen, die erst lange nach den Blüten austreiben, den Huflattich als schmückende Pflanze im Garten.

Es ist ein seit Jahrtausenden bekanntes Heilkraut auf das meine Großmutter zurück griff.
Huflattich ( Tussilago farfara ) lindert hartnäckigen Reizhusten und löst selbst zähen Schleim.
Gleichzeitig überzieht er die Atmungsorgane mit einer schützenden Schleimschicht, so dass trockener Husten gelindert wird.
Die Huflattichblüten sind in der Lage die Bronchien zu erweitern und helfen somit selbst bei asthmatischen Beschwerden. Das liegt an den in ihnen enthaltenen Polysaccariden, Schleimstoffen, Sterolen, Bitter- und Gerbstoffen.

Aber auch die balsamisch duftenden Blätter der genügsamen Pflanze besitzen Heilkräfte.
Während die Blüten schon ab Ende Februar erscheinen und damit zu den ersten Heilpflanzen des Jahres überhaupt gehören, treiben die Blätter erst viel später – im Mai – aus.
Aus ihnen zubereiteter Tee hilft bei Verdauungsbeschwerden jeglicher Art.

Von Mai bis Juni können die jungen Blätter gesammelt und dann getrocknet werden. Dabei ist in der Sonne gewachsenen Blättern der Vorzug zu geben. Sie enthalten deutlich mehr Inhaltsstoffe, als es die im Schatten wachsenden Blätter tun.
Generell gilt für viele Heilpflanzen, nach dem Johannistag ( 24.Juni ) soll nicht mehr gesammelt werden.
Die Blüten und Blätter des Huflattichs können auch äußerlich angewandt Linderung bringen.
Vielerlei Hautkrankheiten und selbst leichte Verbrennungen werden so gemildert.
Ein Fußbad mit dem Aufguss der Blätter sorgt bei geschwollenen Füßen für wohltuende Kühlung.

Ein hilfreiches Heilmittel hat mir meine Großmutter in vergangenen Kindertagen nahe gebracht und ich mag es gern in meinem Garten haben, auch seiner schlichten Schönheit wegen.

11 Antworten zu “Huflattich und der Tee daraus

  1. Vielen herzlichen Dank Arabella für diesen erfrischenden und sehr informativen Bericht über den Huflattich. Einerseits hat er meine Kenntnisse bestätigt und andererseits „Vergessenes“ wieder ans Tageslicht gebracht…
    Ein lieber Gruss Ernst

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  2. Arabella, du beeindruckst mich immer wieder mit deinem Wissen über Pflanzen und mit den schönen Erinnerungen. LG sk

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  3. Es sind genau diese Geschichten, deine Erinnerungen, die diesen Blog von einer zarten Pflanze zum wundervollen Blumenstrauß wachsen lassen.

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  4. Bei mir trocknen die gelben Köpfchen auch schon und ein kleines Sträußchen mit Schlüsselblumen, morgen werde ich dorthin fahren, wo sehr viele von ihnen blühen, beides ist der Grundstock für meinen Hustentee, den ich fast in jedem Jahr sammel und im Winter trinke.
    Ist es nicht herrlich, die Sammelzeit hat begonnen!!!
    herzlichst, Ulli

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  5. Pingback: Frühlingsbilder |

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