Erinnerungen – Urlaub damals und heute – Frischer Wind


(Transit – Winter an der See, Musiktipp Herr Bludgeon, Danke)

Frischen Wind bringt ein Urlaub an der Ostsee im touristenarmen Monat November immer. 

Er hilft enorm, Gedanken im Alltagskopf zu ordnen. Hier am Meer sind um diese Jahreszeit fast nur Gleichgesinnte zu finden. Sie suchen wie wir stille Schönheit und innere Einkehr. Auf Rügen findet ich das. Und ein Licht, das es nur hier gibt.

Nach der Wende, als auf einmal die Möglichkeit bestand, westliche Reisestandarts zu nutzen, sind wir wie viele Andere auch, sonnenhungrig in den Süden geflogen. Mit zwei kleinen Kindern im Reisegepäck war der Urlaub in abgeschotteten Ferienidyllen für die Kinder natürlich ein Sommersonnenerlebnis. Mir selber hat das nicht so recht gefallen. All inclusive Ferien zu Gunsten des finanzkräftig-goldenen Westlers sind nicht meins. Fliegerei in geschaffene Urlaubsparadiese, die weit weg vom realen Leben der einheimischen Bevölkerung liegen, ebenso nicht. Alleinerkundung eines fremden Landes mit zwei kleinen Kindern war auch nicht das Richtige, ich war noch nie der Camper- und/oder Abenteurertyp, so haben wir viele Jahre den Sommerurlaub mit unseren Kindern im Häuschen eines Freundes verbracht, das im Wald in einer kleinen Siedlung lag. Das brandenburgische Flachland hat uns Pilzernten wie aus einem russischen Märchen geschenkt und baden in einem der zahlreichen Seen hat den Kindern mehr Spass gebracht, als jede Kinderamination am Hotelpool es hätte tun können. Den Luxus einer Herbstreise in ein dann bezahlbares Osteehotel leisten wir uns in den letzten Jahren zu gern. 

Wir sind wieder zu zweit stehend und genießen das. Immer wenn ich meinen Koffer packe, denke ich an unsere einzige Urlaubsreise mit Kind über den FdGB in der DDR. Wir hatten damals noch kein Auto und traten die Reise nach Thüringen mit Bus und Bahn an, im Schlepptau ein Kleinkind. Zusätzlich zur dafür benötigten Wäsche waren wir noch mit Bettwäsche und Handtüchern beladen, die damals selbst mitzubringen waren. An die Schlacht um’s Buffett denke ich, angesichts des famosen Essens in unserem Ostseehotel, lächelnd. 

War es schon mehr als dürftig bestückt, wurde auch nicht aufgefüllt…das daraus folgende Gedrängel war schlimm. Um dem zu entgehen, sind wir immer zum Schluss essen gegangen, lieber ein einfaches Marmeladenbrötchen als schupsende Massen. Entspannen wir heute während des Novemberostseeurlaubs im Hallenbad und in vielerlei Saunen, gab es im FdGB Urlaub ein Zimmer, das eine Familie im Eigenheim zur Vermietung bereit gestellte hatte. Ein kleines Waschbecken mit dünnen Wasserstrahl war die einzige Möglichkeit für uns damals noch drei Personen, sich zu reinigen.Kein Vergleich zu dem heute gebotenem Luxus von Saunen und Schwimmbad in den gepflegten Hotels an der Küste.

Den FdGB-Urlaub haben wir uns ein einziges Mal angetan, unabhängig von unserer privaten Meinung, wäre ich als Schwester im Krankenhaus in dem ich arbeitete, sowieso erst in knapp zehn Jahren wieder mir der Vergabe eines FdGB-Ferienplatzes an der Reihe gewesen. Die Arbeiter in volkseigenen Betrieben hatten es da besser, viele dieser Betriebe hatten eigenen Ferienobjekte, in denen die Mitarbeiter ihren Urlaub kostengünstig verbringen konnten. Mein Stiefvater hat mir und meiner Mutter so oft ermöglicht, unseren Sommerurlaub an der Ostsee oder an einem See zu verbringen. Meine Schwester mochte damals nicht mehr mit den Eltern gemeinsam verreisen. Sie ist sechs Jahre älter als ich und plante lieber für sich allein. Den Luxus restaurierten alten Glanzes wie die Henry van de Velde Architektur in unserem diesjährigen Urlaubsschloss gab es nicht.

Dafür hatten wir eine Tischtennisplatte und einen Grill. Schloßherrliche Treppen gab es nur in Museen zu bewundern,

heute kann ich sie steigen, um zu meinem Zimmer zu gelangen oder den freien Blick auf den Jasmunder Boden zu genießen, der von der Seebühne der Störtebeckerfestspiele leicht verschandelt wird.

Ohne diese gewinnträchtige Kulisse, ist es der Blick in ein gern gelesenes Buch, die „Problematischen Naturen“ von Friedrich Spielhagen.

http://gutenberg.spiegel.de/buch/problematische-naturen-1556/1

Wer anders als mein „persönlicher“ Musikberater und bester Kritiker – Herr Bludgeon –

https://tokaihtotales.wordpress.com/2016/08/04/im-jenseits-2/comment-page-1/

hätte mir dieses Buch empfehlen können.

Die DDR war eine große Tauschgemeinschaft. Jeder versuchte, sich das Leben so angenehm wie möglich zu gestalten, indem er Beziehungen gegen Rares und umgekehrt eintauschte. Mein Mann konnte einem befreundeten Lkw-Fahrer helfen, als dessen Rücken die Strapazen, welche dieser Beruf in den hoppeligen Lkw’s der damaligen Zeit mit sich brachte, nicht mehr stand hielt. Er vermittelte ihm an dem Gericht, an dem er arbeitete, eine Stelle als Wachtmeister. Zum Dank dafür durften wir sein Grundstück in seiner alten Heimat Brandenburg, gegen kleines Geld, für unseren Urlaub nutzen. Auch nach der Wende und nach unserem Abstecher in den Süden, haben wir dort gemeinsam mit unseren Kindern erholsame Ferien verbracht. Das Häuschen bot alles was wir brauchten, inclusive Terrasse und Hängematte. Dennoch hatte ich, nachdem ich viele Jahre nicht an der Ostsee war, eine solche Sehnsucht nach ihr, dass sie mich in meine Träume verfolgte.

Wind, Wasser, Wald, die einzigartige Küste der Kreidefelsen Rügens

und ein märchenhaftes Schloss…was für ein Urlaubsvergnügen ist mir heute möglich

und meinem lieben Gärtnergatten, der seinen Geburtstag im November, früher ungeliebt, nicht mehr missen möchte. Und einen Bernstein habe ich auch „gefunden“.

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34 Antworten zu “Erinnerungen – Urlaub damals und heute – Frischer Wind

  1. Stimmungsvolle Novemberbilder über Rügen, Arabella, die sich wohltuend vom Hochsaison-Menschengewimmel abheben. Danke dir für’s zeigen.
    Liebe Grüsse Ernst

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  2. Eine sehr reiche Erinnerung an Früher und Heute. Dazu wunderbare Fotos. Kompliment.

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  3. Hübsch hattet ihrs! Der neue Bernstein möge Dich beschützen und Dir gut tun!

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  4. Interessantes Lied. Schöne Bilder. Tolle Stimmung. (Und der Z hat jetzt dicke Winterreifen).

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  5. echt toll, eine gute Woche wünsche ich

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  6. Liebe Arabella;
    wieder ganz toll und wunderbare Bildimpressionen.

    Einen schönen Nikolaus!

    Herzlichst,
    Frank

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  7. …so sommerlich sieht das Meer im November aus? Wunderbar!

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  8. FdGB-Urlaub ? Ah, bei dir schneit´s auch 🙂

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  9. Wie wunderbar, daß deinen Urlaub, früher und heute und
    die Gedanken darüber teilst, wie gerne haben ich dies gelesen,
    einige Gemeinsamkeiten entdeckt, die Liebe zur Natur, die Stille, und sogar auch ich habe eine Schwester, die 6 Jahre älter ist als ich. dankeschön für die schönen Photos.

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  10. Danke für die Reise am Feierabend! Und Glückwunsch zu dem tollen „Bernstein-Fund“! 😉

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  11. Wunderschön beschrieben Arabella und schön kann auch ganz nah sein. 💚😊❣️

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  12. Wegen dem letzten Foto:

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  13. Ganz toll hast du hier deine Gedanken zu den unterschiedlichsten Möglichkeiten des Urlaubes, fließen lassen.
    Ich kann mich dir da nur anschließen, was die Ruhe und besonders die Natur, betrifft. Bei mir sind es die Berge, aber die See natürlich auch, nur zu weit weg 😉

    Danke für den genussvollen Beitrag, ich habe ihn genossen ❤

    Noch einen schönen Nikolaustag
    und herzige Grüsse,
    Uschi

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  14. Ganz zufällig habe ich Deinen Blog entdeckt und verweile jetzt schon fast eine ganze Stunde hier…Es ist soooooo interessant, was Du hier schreibst und von einer bewundernswerten Ehrlichkeit (…so kommt es bei mir an…) Ich werde jetzt öfter bei Dir „auftauchen“!
    Alles Liebe
    Heidi

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