Weltengleicher Unterschied

Geboren wurde ich in einem kleinen Ort.
Noch keine Stadt, kein Dorf mehr.
Eine schmale Straße führt wenige Autofahrer an weit hinten in Wiesen geborgenen Häusern vorbei.
Zäune dienen dazu, Ziegen und Hühner nicht auf die Straße laufen zu lassen.
Das sieht nach Unschuld aus, nach Einvernehmen.
Jeder grüßt jeden, weil er ihn kennt.
Und schaut.
Nach allem und jedem Detail.
Weihnachtsfunkelnde Beleuchtung, das Auto steht in der Garage…
Die Kinder dieser Generation gehen entweder in die Städte oder werden eigenbrödlerischer als ihre Eltern je waren.
Und dennoch ist da Einklang.
Nachrichten werden gesehen, sie bedrängen nicht den persönlichen Alltag.
Schlimm ist, was in der Welt geschieht, gern hilft man dem SOS Kinderdorf.
Der eigene Alltag ist voll täglicher Last.
Waren es früher Kinder, Küche, Kirche ist zumindest das letzte K weggebrochen, wird ersetzt durch Berufstätigkeit.
Mein Gott…in der Kirche konnte man wenigstens noch gemeinsam mit anderen singen.
Die Arbeit frisst auf, für Frauen nach wie vor mit anderem Lohn.
Dafür braucht weniger gekocht zu werden, ganze Industriezweige bieten Nahrung aus der Dose, mit fertigen Zutaten und alles ganz fix.
Wertigkeit? Keine Zeit!
Und doch geht es mir als Frau gut in dieser Art der Gesellschaftsform. Immerhin darf ich seit einigen Jahrzehnten frei wählen.
Ich trage, was ich will. Dass die Nachbarn tuscheln, stört nur bedingt.
Oder ich bin die in die Stadt Gezogene.
Treibe täglich Sport, ernähre mich biologisch-ökologisch. Fit im Körper und im Hirn.
Mir gehört die Welt.
Kinder? Um Himmels Willen…in dieser Zeit…auf dieser Welt?
Außerdem habe ich gerade eine Stunde bei meinem Psychoanalytiker…“Warum wollten meine Eltern Kinder ?“ versucht er mir in der 60. Stunde zu erklären.
Und dann kommst du – Schwester – mir auf der Straße entgegen.
Genau wie ich kommst du aus einem Ort, der nicht Stadt und auch nicht Dorf ist.
Du hast Mut. Du hast Kraft. Du hast ein Ziel.
Dir selbst eine bessere Zukunft zu schaffen.
Gib mir deine Hand.
Ich nehme meine Mütze ab und du dein Kopftuch.
Unsere Haare wehen im Wind.
Das fühlt sich an…wie…Freiheit.

42 Antworten zu “Weltengleicher Unterschied

  1. Hallo Du Süße,
    unser absolutes Lieblingslied von Westernhagen. Sooo schööön. Danke 🙂 🙂

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  2. Ein guter Text und ein gutes Lied. Danke.

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  3. Hallo Arabella.

    Eine echte Hoffnungsidee auf guten gesellschaftlichen Wandel, Dein Text.

    …Der gute Wandel wird kaum aus der Männerwelt kommen, davon gehe ich einmal aus…

    Nach endlosem Patriarchat könnte es diesen Wandel tatsächlich geben.

    Wenn „Yin und Yang“ harmonieren, wäre dieser Traum realisierbar.

    Das Kämpfen müßte aufhören und die Erde müßte weltweit als Heimat gesehen werden….

    Vielleicht ist diese „Wegwerfgesellschaft“ einfach nur eine symptomatische Reaktion auf einen gescheiterten Freiheitstraum…

    Liebe Grüße,
    Frank

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  4. Schöner Wunschtraum. Aber schon beim Thema „Kopftuch ab“ streiten sich dann mindestens 4 Parteien:
    – diejenigen, die darin ein religiöses Extremismusansatzzeichen sehen,
    – gegen die, die darin das modische Selbstbestimmungsrecht von Frauen eines anderen Kulturkreises sehen,
    – gegen diejenigen, die bei Kopftuchverbot sofort die religiöse Freiheit lt. GG in Gefahr sehen,
    – und schließlich die, die behaupten, dass das gar nichts zu bedeuten hat.
    Fazit: Das wird nix.
    Die Parallelgesellschaften sind da – um zu bleiben. Notdürftig verbandelt mittels einiger weniger Crossoverbeispiele.

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  5. Guten Morgen Arabella, deine Zeilen verbinden, suchen nach Gemeinsamkeiten in einer viel zu lauten und oberflächlichen Zeit. Viele Menschen verstehen heute unter Freiheit in jedes Land reisen zu dürfen oder auch mal meckern zu können über was sie wollen. Aber Freiheit ist nie nur groß, sie findet sich fast in allen Dingen des Alltages, ob beim Essen, beim Shoppen oder einfach in der „Freizeit“. Ich versuche mir täglich so viele kleine Freiheiten zu nehmen wie ich kann und deine Worte erinnern mich daran – dir ein wundervolles Wochenende 🙂

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  6. „Gib mir deine Hand.
    Ich nehme meine Mütze ab und du dein Kopftuch.
    Unsere Haare wehen im Wind.“

    Das ist´s doch eigentlich schon.

    Danke für das Teilen Deiner Gedanken, Deine Zeilen, das Lied! In zu viele Köpfe wird es nicht dringen. Leider!

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  7. Hab einen wunderschönen Tag; so wie er heute auch bei uns ist 🙂

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  8. Was Du immer wieder aus einfachen Worten zaubern kannst…. Freiheit in ihrer klaren Form! Einfach, kraftvoll, leicht, alles zugleich ist sie. Und wir wünschen uns, dass sie in allen Herzen und Köpfen eines Tages ihren Platz finden wird.
    Schönes und sonniges Wochenende wünschen wir Dir!

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  9. Ein starker Text. Und ein super Lied.
    Samstagnachmittägliche Grüsse aus dem Bembelland, Ihr Herr Ärmel

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  10. Westerhagen hab ich ja schon lange nicht mehr gehört, aber immer wieder gut. Thx!

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  11. Ein starker Text, der zum Nachdenken anregt, toll…

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  12. Sonntagsabendgrüsse für dich und durch das Lesen, deines wunderbaren Textes hier, hast du ihn mir noch ein bisschen mehr versüßt.
    Ich hatte auch Besuch und keine Zeit für den PC 😉

    Einen guten Wochenstart wünsche ich…

    ❤ eliges

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