Das Schnittlauchkind

Am frühen Abend des Junitages schien die Sonne golden durch das weit offen stehende Küchenfenster. Draußen wogte das Grün des beginnenden Sommers, große Schatten werfend, in denen es sich gut vor der schon heißen Sonne verstecken ließ.
Am Küchentisch stand eine Enddreißigerin im roten Kleid und war gerade dabei Butterbrote für das Abendbrot zu streichen. Neben ihren weichen Händen stand eine mit kleingehacktem Schnittlauch gefüllte Schale. Ihren Weg sicher kennend glitten die Finger der rundlichen Frau wie von selbst in die Kräuter, um damit die Butterbrote zu bestreuen. Währendessen redete sie pausenlos auf den neben ihr sitzenden Mann im weißen Hemd ein.
„Kannst du mir sagen warum das Kind keinen Schnittlauch mag? “ fragte sie,  Hilfe suchende Blicke auf den sie interessiert anschauenden Mann werfend.
Ein Lächeln dessen Bedeutung schwer einzuschätzen war umspielte seine Lippen, während sein Blick auf ihren runden Hüften lag. Wenn das überhaupt möglich sein konnte, war sie nach der Geburt ihres Kindes noch anziehender für ihn geworden. Lange Zeit hatten sie sich vergeblich ein Kind gewünscht. Ihre ständigen Diäten und die damit verbundene Magerkeit hatten das Gleichgewicht ihres Körpers zerstört und ohne weitere medizinische Begründung war sie nicht schwanger geworden.
Unerträglich war beiden die Erinnerung an diese Zeit,  in der sich heimlich selbst Mordgedanken eingeschlichen hatten. Angefangen die Situation zu ändern hatte er und einfach ihren geliebten Schnittlauch, der ihm zum Halse raushing, abgesenst.
Erstaunlicherweise schien sie selbst erleichtert. Es folgten heitere Wochen, deren größten Teil sie im Gras liegend verbrachten. Die Sommertage vergingen und die knochigen Hände der Frau überzogen sich mit weichem Wohlfühlfleisch,  das unter einer streichelzarten Haut stetig mehr wurde. Ihr gegenseitiges Begehren wuchs mit jeder Praline, die er in ihren, mit seinen roten Lippen förmlich leuchtenden, Mund steckte. Und küssend mit ihr teilte. Im Winter wuchs dann auch der Bauch der Frau. Sein Glück wurde größer, als er je gedacht hatte. Seit drei Jahren hatten sie nun ein gemeinsames Kind, ein Mädchen mit der weichen Haut der Mutter und den Sehnsuchtsaugen des Vater. Selbst die mit der Schwangerschaft wiederkehrende Vorliebe der Frau für Schnittlauch störte ihn nicht mehr. Hatte er ihn doch noch früher sogar gemocht. Das kleine Mädchen weigerte sich standhaft die Schnittlauchbrote seiner Mutter zu essen.
Nun stand diese fast verzweifelt schauend vor ihm, an den schönen Fingern klebten Teile der feingeschnitten, grünen Röllchen und eindringlich in seine Augen schauend sagte sie : “ Hilf mir, nun sag du doch endlich auch mal was. “
Er stand auf, ging zu ihr, die fassungslos sein laut schallendes Lachen vernahm und verschloss ihr den vor Staunen offen stehenden Mund mit einem tiefen Kuss.

Die Geschichte ist die Fortsetzung meiner 10 – Wörter – Geschichte und mein Beitrag zum Schreibaufruf von Jutta Reichelt.

„Sag doch endlich auch mal was!“

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61 Antworten zu “Das Schnittlauchkind

  1. ich liebe die Ideen, die du hier in deine Geschichten bringst, toll erzaehlt

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  2. P.S. ich mag Schnittlauch

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  3. Liebe Arabella;
    dies ist einmal mehr eine deiner be/verzaubernden Geschichten aus dem Leben. So schön, was DU aus einem Bund Schnittlauch (den auch ich sehr mag), einer Prise Erotik und einer gesunden Portion Leben kreiren kannst 🙂
    Danke und liebe Grüsse, Xaver

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  4. ein Wohlfühlbild… und Schnittlauch… was nicht gerade süß ist, kann mit Schnittlauch nur gewinnen…

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  5. ja, das wäre jetzt schön…

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  6. Du wohnst wirklich herrlich schön!
    Und die Geschichte ist auch toll. 🙂

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  7. Oh ich hatte schon gespannt auf die Fortsetzung gewartet ♥ und wurde wieder nicht enttäuscht. Schön geschrieben.
    LG & genieß das schöne Wetter

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  8. Fein! So richtig was zum Träumen…
    Ich wünsche Dir einen guten Morgen✨

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  9. Hallo und guten Morgen.
    Wir lieben Schnittlauchbrote. Ist ja klar, ist ja auch grün.
    Ich habe die schon als Kind gern gegessen.
    Meine liebe Mutter hat immer welchen am Rande einer Gärtnerei stibizt. Ist dort wild gewachsen. Die Gärtnerei gibt es schon lange nicht mehr. Und meine Mutter leider auch nicht.
    Wir wünschen Dir einen schönen Tag ❤ ❤

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  10. Das ist ein wunderbare Geschichte, die mir mit ihrer verschmitzten Lebensklugheit und den unerwarteten Wendungen große Freude bereitet hat . Herzliche Grüße!

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  11. Wieder einmal richtig schön geschrieben, liebe Arabella. (Wohlfühlfleisch … dieses Wort merk ich mir!😉)

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  12. Wie genial! 🙂 Neulich (beim Essen) hatte ich an den Schnittlauch und unsere Geschichten gedacht … und der Satz von Jutta kreist auch in meinem Kopf.
    Danke schön für die Fortsetzung!
    Liebe Grüße
    Christiane

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  13. Würdest du bitte ein Buch schreiben! Mit oder ohne Schnittlauch. Basilikum oder Thymian….was es auch ist, mir gefällt dein Schreibstil! Gruss Erika

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  14. ich bewundere deine Fähigkeit so schön das Ganze beschreiben zu können, alles Gute für dich, Klaus

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  15. Ach wie schön wieder hier zu sein und mit solch einer wundervollen Geschichte überrascht zu werden.
    Du kannst es eben ❤

    Noch einen feinen Tag für dich, einen sonnigen Gruß von mir und einen leisen Seufzer der herrlich blühenden Natur wegen.

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  16. Schnitti! Da ist er wieder!!!!!!!!! Schön, dass die Geschichte weitergeführt wird! 🙂 🙂
    Liebe Grüße und einen schönen Abend
    AnDi

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  17. Lauch ist ja nun eindeutig meins 🙂

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  18. Eine köstliche Geschichte!

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  19. … das tippst du alles nur mit dem Handy??? Ich würde verzweifeln und es sein lassen!!! 🙂

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    • Du wirst lachen…ich kenne es nicht anders.
      Nur für seltene online -Bestellungen nutze ich Computer, aber meistens beschwatze ich den Gärtnergatten das für mich zu tun…
      Und ich habe es auch hingekriegt mit dem Passwort, ich alter Andruide ich!
      Liebe Grüße meine liebe Winni, ich habe gerade deine Clematis pikiert, sie wachsen wunderbar.:-)

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